Hörspiele für Kinder - und ihre Folgen

Posted on Juni 4, 2020

Na klar, die reine Lehre ist eine andere: Setze Dich mit Deinen Kindern zusammen, erzähle ihnen ein frisch erdachtes Märchen oder lese ihnen aus einem Buch vor. Aber manchmal finden es Eltern auch nett, dass es Hörspiele für Kinder gibt. CD an, und Ruhe ist. Oder auch nicht.

Lese und höre

Ein beträchtlicher Teil des literarischen Lebens richtet sich nicht an die Feuilletons, die Fachbuch-Fans und die Bestseller-Liste des Spiegels, ein ganzer Zweig dieser Verlagsmaschinerie zielt auf Kinder. Das ist gut so.

Auch ohne als bildungsbürgerliches Klageweib den Siegeszug von Fernsehen und Internet zu beweinen - es ist wichtig für Kinder, Geschichten zu lesen und/oder sie erzählt zu bekommen. Das wissen auch viele Eltern, auch die, die nicht zur Bildungselite zählen. Also wird vorgelesen.

Manchmal aber wollen auch fürsorgliche Eltern eine halbe Stunde Ruhe, und dann darf der CD-Spieler zum Erzähler werden. Immerhin gibt es fast alle Kinderbücher auch als Hörspiel.

Seitdem hasse ich Anette Klawitter.

… und dann kam Annette

Was, Sie kennen Annette Klawitter nicht? Das ist die Mutter von Conni Klawitter, der Heldin einer Serie von Kinderbüchern. Conni ist Kindergartenkind, hat immer eine Schleife im Haar und einen kleinen Bruder, sie ist ziemlich in Ordnung.

Connie hat auch Eltern. Mittelstand, leicht öko angehaucht. Jedenfalls gibt es nie Schweinebraten, zum Einkaufen mit Bus und Bahn in die Stadt, die schon irgendwie unheimlich ist. Aber das kommt alles ohne Zeigefinger daher und geht völlig in Ordnung.

Leider gibt’s Hörspiele dazu, und da taucht die ewig und immer gut gelaunte Annette auf. Ganz schlimm ist ihr stets heiteres Lachen: “Aber Connie, hahaha, der Osterhase kommt doch erst in drei Wochen”, “Connie, hahaha, Du siehst aber lustig aus.”, “Aber Connie, hahaha, man schneidet Blumen doch nicht mit Papis Motorsäge”. Und so weiter, haha, und immerfort. Auch in anderen Hörspielen für Kindern wird, hihihi, krampfig gelacht, aber Annette ist eine Klasse für sich. Man möchte der armen Sprecherin eine Flasche Wodka spendieren - nüchtern lässt sich das ja nicht ins Mikro sprechen.

Es wird nicht besser werden

Das Gute: Alles wächst sich aus, irgendwann verschwinden die Abenteuer von Connie im Bücherschrank und dem CD-Regal. Man lernt, dass es ganz entzückende Geschichten als Buch und Hörspiel gibt, Der Kleine Ritter Trenk zum Beispiel, auch der Drache Kokosnuss ist nett, obwohl der Autor pro Folge immer irgendwelche Fäkal-Sprüche unterbringt, warum eigentlich. Und die Kinder-Version der “Drei ?” ist durchaus väterkompatibel.

Aber es gibt auch die Verschwörung von Benjamin Blümchen, Bibi und Tina aus dem von Elfie Donelly geschaffenen Kosmos. Wobei sich Bibi Blocksberg sowohl als Hexe als auch als Pferdehof-Teenie noch aushalten lässt. Klar, jeder unbedarfte Zuhörer denkt beim Namen der Pferde Amadeus und Sabrina, Maharadscha und Kleopatra irgendwann an Rheinischen Sauerbraten, das ist aber eine milde Nebenwirkung.

Trööröööö

Doch der sprechende Elefant raubt einem den letzten Nerv. Die Geschichten in den Büchern sind ob ihrer Handlung schwer zu ertragen, aber es muss ja den Kindern gefallen, nicht den Eltern. Doch die Hörspiel-Variante macht aus einem Peta-Aktivisten innerhalb von zwei Folgen einen glühenden Befürworter der Großwildjagd. Der Grund? “TRÖÖRÖÖÖÖ”, ruft der Elefant aus dem Lautsprecher. Oft. Laut. Grundlos. Immer wieder. Er tut das während der Geschichten, und er tut das während des kinderliedartigen Titeltracks.

Immer.

Immer wieder.

Tröörööö